ich bin mir selber fremd geworden
Stimmen aus dem Frauenzuchthaus Hoheneck
Das Frauenzuchthaus Hoheneck (bei Stollberg/Sachsen) ist zum Sinnbild politischer Verfolgung in der DDR geworden: mit drakonischen, menschenrechtswidrigen Strafmaßnahmen, unwürdigen Haftbedingungen und Zwangsarbeit in der Textilindustrie versuchte der DDR-Machtapparat in vielen tausend Fällen, politische Gegnerinnen zu brechen – der häufigste „Straftatbestand“: geplante oder versuchte Republikflucht. Eine außergewöhnliche Performance aus Zeitgenössischer Musik, Choreografie und Licht, konzipiert vom MusikTheater-Kollektiv Schatz & Schande und dem Ensemble Neue Kammer, sucht die künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Verbrechen.
Unter dem Titel „Ich bin mir selber fremd geworden“ rücken Gedichte ins Zentrum, die von inhaftierten Frauen während ihrer Zeit in Hoheneck verfasst und 2024 vom Komponisten Philipp Rücker vertont wurden. In vielfältiger Gestalt aus Stimmen und Streichinstrumenten treten die Gedichte in Dialog mit einer Lichtinstallation, die die Farblosigkeit, Enge und Monotonie des vergitterten Alltags plastisch werden lässt: Wie in den Grautönen eines Schwarz-Weiß-Filmes ragt ein Gesicht, eine Hand, eine Silhouette schemenhaft hervor; gleichzeitig werden Licht und Schatten zu repressiven Entscheidern über Nähe und Distanz, Brührung und Abschottung der Akteur*innen, die sich zwischen Nähmaschinen, Mauern und Züchtigung ihre innere Freiheit zu bewahren versuchen.
Was entsteht, ist eine gewagte, neuartige Form der Erinnerungskultur: Die Künstler*innen machen die beklemmende Gefangenschaft in Hoheneck mit Augen und Ohren greifbar, vermitteln eindringlich eine Ahnung von Ohnmacht und Gewalt – und errichten den inhaftierten Frauen aus ihren eigenen Worten ein machtvolles Denkmal. Außerdem wird es im Anschluss an die Performance wird es ein Podiumsgespräch mit Zeitzeuginnen geben.