of gust and moist — Kerstin Ergenzinger
Event Details
of gust and moist — Kerstin Ergenzinger
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Vernissage am 11.7. ab 17 Uhr mit Künstlerinnengespräch um 19:30
In der Ausstellung treten zwei Installationen in Dialog, die sich mit der Vermessung und Wahrnehmung von natürlichen Phänomenen und der Selbst-Positionierung und dem Ort von uns Menschen innerhalb dieses Beziehungsgefüges beschäftigen.
Whiskers in Space (2010)
Whiskers in Space ist eine künstlerische Studie über das Zuhören, Rauschen und Wiesen. Übergroße Halme aus flexiblem Polypropylenschaum ragen aus dem Boden. Sie bewegen sich, biegen und strecken sich von einer Seite zur anderen und zittern, als würden sie durch einen plötzlichen Nervenimpuls angeregt oder von einem geheimnisvollen Wind in Schwingung versetzt. In der Tat ist der Wind das entscheidende Element, das die Arbeit bestimmt; nicht der stürmische Wind am Meer, sondern ein mikroskopisch kleiner, nicht spürbarer Wind, der aus unerfindlichen Gründen eine Gänsehaut im Nacken auslösen kann.
Die skulpturalen Mechanismen sind mit Luftzugmessern (Hitzedrahtanemometern) verbunden. Ihr Verhalten orientiert sich an den permanent präsenten, zumeist nicht wahrgenommen Luftturbulenzen in Räumen. Es sind Mikroströme, die von vielen Faktoren beeinflusst werden, darunter die Wärme und Bewegungen unserer Körper.
Ähnlich wie die Schnurrhaare, die feinen Tastsensoren von Katzen im Dunkeln, dienen sie als Fühler und Antennen. Sie bewegen sich, wenn sich die Luftaktivität ändert, streben empor, ziehen sich zurück oder verharren. Auch klanglich drückt sich ihre Wahrnehmung aus: Die Skulpturen verstärken akustisch die Frequenzen der vibrierenden kinetischen Drähte, die sie animieren, und senden ein nervöses rhythmisches Summen und Ticken aus. Ihre eigenen Bewegungen wiederum und die Präsenz der warmen Körper des Publikums hinterlassen im Raum einen flüchtigen Abdruck, auf den die Skulpturen im Feedback reagieren.
Pluvial (2019)
Pluvial bezeichnet eine vom Niederschlag bestimmte Zeit. Die Soundinstallation Pluvial besteht aus wolkengleichen Mobiles, eine Art sono-taktiles Rauminstrument. In unregelmässigen Abständen breiten sich Sounds von Regen mit anschwellenden Rhythmen und in unterschiedlicher Intensität im Raum aus. Die akustisch-regnenerische Umgebung entwickelt sich stetig – manchmal ist sie kaum hörbar, manchmal verdichtet sie sich organisch zu komplex prasselnden Rhythmen und rauschendem Harmonien.
Der sich teilweise selbstorganisierende Klangkörper besteht aus 80 selbstgefertigten, digital gesteuerten, kinetischen Saitentrommeln, jede von ihnen ein einzelner Kanal. Regen hat die Eigenschaft von weißem oder rosa Rauschen. Akustisch übersetzt sich das Regenrauschen in Geräuschkulissen, die durch die unterschiedlichen Umgebungen und Oberflächen geprägt sind, auf die der Regen fällt. Analog dazu werden die Trommelwolken durch zufällige Spannungsimpulse in wechselnden Frequenzen gesteuert. Die Intensität von hochaufgelösten Niederschlagsmessungen auf den Weltmeeren, ihre Energie in Form der gemessenen Tropfengröße und Tropfendichte, übersetzt sich in Dauer von Signal und Pause der Spannungsfrequenzen.
Die fragile Mechanik der Klangerzeugung basiert auf dem String-Drum-Prinzip: Eine Saite wird durch Reibung, Streichen oder Anschlagen zum Klingen gebracht, etwa wie bei einer Zither und überträgt ihre Schwingungen auf ein Trommelfell mit Resonanzkörper. In Pluvial verstärken und filtern die unterschiedlich langen Aluminiumröhren mit ihren verschiedenen Frequenzen das zufällige Rauschen der Spannungsimpulse. Die Signale werden sowohl hör- als sichtbar. Die Trommelkörper heben und senken sich an ihrem Instrumentendraht aus der Formgedächtnis-Legierung Nitinol, einem besonderen Material, das je nach Temperatur seine Form ändert.
Beide Arbeiten entstanden in enger Zusammenarbeit mit dem Umweltphysiker Thom Laepple.
Die Modulation der zufälligen Spannungsimpulse basiert auf den Open-Source-Daten des Ocean Rain And Ice-phase precipitation measurement Network (OceanRAIN)
Pluvial ist Teil von Kerstin Ergenzingers künstlerischen Forschungsprojekts „Rhythmic Textures“ an der Graduiertenschule der UdK Berlin, gefördert von der Einstein Stiftung Berlin, sowie Teil ihrer Zusammenarbeit als Associate Artists mit dem nuClock Forschungsprojekt (nuclock.eu). Die Produktion der Arbeit wurde von SMArt® Steps Program der Dynalloy.Inc unterstützt.
Kerstin Ergenziger
Kerstin Ergenzinger (Berlin) ist bildende Künstlerin und Klangkünstlerin. Sie arbeitet in und zwischen den Bereichen Skulptur, Klang, Kinetik, Licht und Zeichnung. Die räumliche Umgebung ist ein wichtiger Teil ihrer Arbeiten und die Frage, wie der Raum auch ein Instrument sein kann, ist für sie zentral. Ein Kernthema ihrer Praxis ist das unauflösbare Beziehungsgefüge zwischen Körper und Welt, zwischen Wahrnehmung und Wahrgenommenem, zwischen sinnlichem Erkunden und der Herstellung von Sinn. Sie arbeitet häufig interdisziplinär und kollaborativ an der Schnittstelle zu Wissenschaft, Tanz und Musik, etwa mit dem Sono-Choreographic Collective für transdisziplinäre Kunst und Forschung, das aus dem Zusammenspiel von Klang und Objekt, Bewegung und Schreiben Instrumente und Choreographien destilliert. Seit 2023 lehrt sie als Jun.-Prof. für Akustische Ökologien und Sound Studies an der Bauhaus-Universität Weimar.
~ Mit der Reihe swim (spatial works and immersive music) präsentiert das ZiMMT Konzerte und Installationen von 15 lokalen und internationalen Künstler:innen, die auf ganz unterschiedliche Weise Klang im Raum künstlerisch-forschend einsetzen. Mehr Infos HIER!
ÖFFNUNGSZEITEN:
Dienstag – Freitag: 17 – 20 Uhr
Samstag + Sonntag: 14 – 20 Uhr
Montag geschlossen
FÜHRUNGEN SA + SO 16 Uhr
EINTRITT 5-10 €
Mittwoch Eintritt frei!